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Buy-and-Build Strategien: Ein Weg aus der Nachfolgekrise für den deutschen Mittelstand

12 min Lesezeit

Der deutsche Mittelstand steht vor einer großen Herausforderung. Laut dem KfW-Mittelstandsmonitor werden bis 2026 rund 190.000 Unternehmen mangels geeigneter Nachfolger aus dem Markt ausscheiden. Insgesamt suchen 560.000 Mittelständler nach Nachfolgern. Diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der Nachfolgeproblematik, die viele Unternehmen in den kommenden Jahren vor ernsthafte Schwierigkeiten stellen wird. Doch es gibt einen vielversprechenden Lösungsansatz, der in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt: Buy-and-Build Strategien.

Buy-and-Build (B&B) bezeichnet eine Wachstumsstrategie, bei der ein bestehendes Unternehmen, die sogenannte Plattform, durch gezielte Zukäufe erweitert und gestärkt wird. Das Ziel, das damit verfolgt wird, ist vielschichtig. Es geht darum, durch die Akquisition komplementärer Unternehmen neue Fähigkeiten zu gewinnen, zusätzliche Märkte zu erschließen oder das eigene Produkt- und Dienstleistungsportfolio zu erweitern. Auf diese Weise soll der Wert des Gesamtunternehmens gesteigert werden.

Die Grundidee hinter Buy-and-Build ist einfach, aber effektiv: Durch den Erwerb kleinerer Firmen zu vergleichsweise niedrigen Bewertungsmultiplikatoren und deren anschließende Integration in eine größere Einheit mit höherer Bewertung lässt sich eine sogenannte "Multiple-Arbitrage" erzielen. Das bedeutet, dass die im Verhältnis günstiger eingekauften Unternehmen durch die Eingliederung in die höher bewertete Plattform quasi automatisch an Wert gewinnen. Zudem ergeben sich durch die Zusammenführung der Unternehmen oft bedeutende Synergieeffekte, etwa durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Know-How und Vertriebskanälen.

Dass Buy-and-Build Strategien in der Unternehmenslandschaft auf dem Vormarsch sind, lässt sich auch anhand konkreter Zahlen belegen. Zwischen 2012 und 2022 hat sich der Anteil von B&B Deals an allen M&A Transaktionen von anfänglich 6% auf beachtliche 15% mehr als verdoppelt. Dieser Trend zeigt, dass immer mehr Unternehmen und Investoren das Potenzial dieser Strategie erkennen und für sich nutzen wollen.

Vorteile für Verkäufer

Gerade für mittelständische Unternehmen auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger bietet der Verkauf an einen Buy-and-Build Investor viele Vorteile. An erster Stelle sind hier die oft höheren Verkaufspreise zu nennen, die sich durch die vom Käufer eingepreisten Größen- und Synergieeffekte erzielen lassen. Da es sich bei B&B Investoren in der Regel um strategische Käufer mit viel Branchenerfahrung handelt, ist zudem das Risiko eines Scheiterns der Transaktion oder von Problemen bei der Integration deutlich geringer als bei einem Verkauf an einen branchenfremden Investor.

Auch die mit einem Unternehmensverkauf einhergehenden Transaktionskosten, etwa für die Due Diligence Prüfung, sind bei einem Verkauf an einen B&B Investor oft deutlich niedriger. Dies liegt daran, dass die Käufer in diesem Bereich über umfangreiches Know-How und standardisierte Prozesse verfügen, was den Aufwand und damit die Kosten erheblich reduziert. Gerade für kleinere Mittelständler ist das ein wichtiger Faktor, da die Transaktionskosten bei einem Einzelverkauf schnell unverhältnismäßig hoch werden können.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Möglichkeit der Rückbeteiligung an der Käuferholding. Viele B&B Investoren bieten den Alteigentümern an, sich im Zuge der Transaktion in Form von Aktien, Optionen oder anderen Instrumenten rückzubeteiligen. Dies ist vor allem für Unternehmer interessant, die sich noch nicht vollständig aus ihrem Lebenswerk zurückziehen möchten. Durch die Rückbeteiligung können sie weiterhin vom know-how und Netzwerk des Investors profitieren und an der künftigen Wertsteigerung partizipieren. Gleichzeitig werden die Weichen für einen graduellen Rückzug aus dem operativen Geschäft und einen geordneten Übergang gestellt.

Vorteile für Käufer

Aber nicht nur für die Verkäufer, sondern auch für die Käufer hat die Buy-and-Build Strategie viel zu bieten. So lassen sich die Zukäufe in der Regel zu attraktiven Bewertungen weit unter dem Niveau der Plattform realisieren. Durch die anschließende Integration der erworbenen Unternehmen und die Realisierung von Synergien kann der Unternehmensverbund dann als Ganzes weiterentwickelt und sein Wert gesteigert werden. Gelingt dies, so lässt sich bei einem späteren Exit, also dem Weiterverkauf, durch den "Multiple Arbitrage" Effekt eine im Vergleich zum Einstieg deutlich höhere Rendite erzielen.

Buy-and-Build Strategien bieten institutionellen Investoren und Beteiligungsgesellschaften zudem die Möglichkeit, große Mengen an Kapital sinnvoll und renditestark zu reinvestieren. In Zeiten niedriger Zinsen verfügen viele Marktteilnehmer über erhebliche Mittelzuflüsse und damit einhergehende hohe Cash-Bestände, für die lukrative Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Dieses "Dry Powder" kann durch das geschickte Schnüren attraktiver "Unternehmenspakete" gewinnbringend in aussichtsreiche Buy-and-Build Projekte gelenkt werden.

Erfolgsfaktoren

Um mit Buy-and-Build Strategien die gewünschten Ergebnisse zu erreichen und die Erwartungen aller Beteiligten zu erfüllen, sind allerdings einige wichtige Punkte zu beachten. An erster Stelle steht hier die sorgfältige Auswahl des Plattformunternehmens. Dieses sollte in einem Markt mit hohem Wachstums- und Konsolidierungspotenzial aktiv sein und selbst eine starke Marktstellung und eine solide finanzielle Basis aufweisen. Die besten Plattformen sind in der Regel erfolgreiche, profitable Unternehmen und keine "Sanierungsfälle".

Ist die richtige Plattform gefunden, geht es an die Definition der Akquisitionskriterien für die Zukäufe. Diese müssen strategisch und kulturell zur Plattform passen und echtes Wertsteigerungspotenzial mitbringen. Eine realistische Bewertung der Targets und eine sorgfältige Einschätzung der erzielbaren Synergien sind unverzichtbar, um spätere negative Überraschungen zu vermeiden. Überzogene Kaufpreise oder zu optimistische Annahmen führen schnell dazu, dass sich die erhofften Effekte nicht einstellen und die Gesamtstrategie ins Wanken gerät.

Mindestens ebenso wichtig wie die Auswahl der Zukäufe ist deren rasche und effektive Integration in die Plattform. Dies erfordert ein strukturiertes Vorgehen, um alle relevanten Bereiche - von Einkauf und Produktion über Verwaltung und IT bis hin zu Marketing und Vertrieb - zusammenzuführen. Geschwindigkeit ist hier oft der Schlüssel, da mit zunehmender Dauer der Integrationsprozess an Dynamik verliert und die Gefahr von Reibungsverlusten, Verunsicherung der Mitarbeiter und kulturellen Konflikten zunimmt. Gleichzeitig müssen aber auch Qualität und Sorgfalt stimmen, denn eine fehlgeschlagene Integration ist später kaum mehr zu korrigieren.

Um all diese Herausforderungen zu meistern, braucht es viel Erfahrung und Kompetenz auf Seiten des Managements. Die Verantwortlichen müssen nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis für die Branche und das Geschäftsmodell mitbringen, sondern auch in der Lage sein, Wachstumspotenziale zu identifizieren sowie Synergien und Skaleneffekte konsequent zu realisieren. Dabei sind kommunikative Fähigkeiten ebenso gefragt wie analytisches Denkvermögen, Verhandlungsgeschick und Durchsetzungskraft. Buy-and-Build Projekte sind hochkomplexe Unterfangen und keine Aufgabe für Anfänger.

Fazit

Trotz der beschriebenen Herausforderungen bieten Buy-and-Build Strategien für viele mittelständische Unternehmen einen attraktiven Ausweg aus der Nachfolgekrise. Sie ermöglichen den Alteigentümern eine geregelte Übergabe zu guten Konditionen und eröffnen gleichzeitig Entwicklungsperspektiven unter dem Dach eines starken Partners. Die Käufer wiederum erhalten die Chance, mit überschaubarem Risiko schlagkräftige Unternehmensgruppen aufzubauen und von den Vorteilen einer stärkeren Marktposition zu profitieren.

Entscheidend für den Erfolg sind letztlich vor allem drei Faktoren: eine sorgfältige strategische Planung, ein stringenter, disziplinierter Akquisitionsprozess sowie die konsequente Hebung von Integrationssynergien. Wo diese Voraussetzungen erfüllt sind und zudem das nötige unternehmerische Geschick und Branchenverständnis gegeben ist, bietet Buy-and-Build ein enormes Wertschöpfungspotenzial für alle Beteiligten.

Dass dieses Potenzial keine theoretische Überlegung ist, zeigen zahlreiche Erfolgsbeispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Von den großen Wellen der Klinikkonsolidierung über die Entstehung schlagkräftiger Handwerksgruppen bis hin zu den Buy-and-Build Aktivitäten führender Softwareanbieter - die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen. Gut gemacht ist Buy-and-Build eine Win-Win-Strategie, die Verkäufern, Käufern und dem gesamten Mittelstand neue Perspektiven eröffnet. In Zeiten des demografischen Wandels und eines verschärften globalen Wettbewerbs ist das mehr denn je gefragt.

Quellen:

Über den Autor

Christopher Heckel

Christopher Heckel

Co-Founder & CTO

Christopher hat als CTO des Mittelstandsfinanziers Creditshelf die digitale Transformation von Finanzlösungen für den Mittelstand geleitet. Viaductus wurde mit dem Ziel gegründet, mit Technologie für Unternehmensübernahmen und -verkäufe Menschen zu unterstützen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

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