Mitarbeiterbeteiligung als Nachfolgemodell für den Mittelstand
Die Zukunft des deutschen Mittelstands steht vor einer großen Herausforderung. In den kommenden Jahren werden hunderttausende kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) eine Nachfolgelösung finden müssen. Schätzungen zufolge planen bis 2026 etwa 190.000 Inhaber, ihre Unternehmenstätigkeit aus Altersgründen aufzugeben. Insgesamt suchen rund 600.000 Mittelständler nach geeigneten Nachfolgern.
Das Problem ist: Viele dieser Unternehmen, oftmals erfolgreiche Familienbetriebe mit jahrzehntelanger Tradition, haben noch keine konkrete Nachfolgeperspektive. Einer Studie der KfW zufolge sind fast 60% der in den nächsten fünf Jahren anstehenden Nachfolgen noch völlig ungeklärt. Findet sich kein Nachfolger, drohen Betriebsschließungen mit entsprechenden Konsequenzen für Arbeitsplätze und Wertschöpfung.
Die Ursachen für dieses Nachfolgeproblem sind vielfältig. Häufig finden sich in der eigenen Familie keine Interessenten mehr, die das Unternehmen weiterführen wollen oder können. Gleichzeitig erweist sich die Suche nach externen Nachfolgern als schwierig. Gründe sind unter anderem unklare Vorstellungen der Alteigentümer über den Unternehmenswert, hohe Erwartungen potenzieller Käufer an die Rentabilität oder fehlende Finanzierungsmöglichkeiten.
Angesichts dieser Situation sind neue, kreative Lösungsansätze für die Unternehmensnachfolge gefragt. Drei mögliche Optionen, die in der Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind:
- Die schrittweise Übergabe an einen externen Nachfolger
- Der Verkauf an einen strategischen Investor
- Die Übertragung an die eigenen Mitarbeiter
Schrittweise Übergabe an einen externen Nachfolger
Bei der schrittweisen Übergabe an einen externen Nachfolger wird dieser zunächst als Geschäftsführer eingestellt und erhält die Möglichkeit, das Unternehmen kennenzulernen und sich zu bewähren. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren erwirbt er schrittweise Anteile, bis er die Mehrheit hält. Der Alteigentümer kann sich so nach und nach aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Vorteile sind die Kontinuität in der Führung und die Möglichkeit für den Übergeber, den Übernahmeprozess aktiv zu begleiten. Herausfordernd ist es, einen geeigneten Nachfolger zu finden, dem der Alteigentümer vertraut und der die finanziellen Mittel für die Anteilsübernahme aufbringen kann.
Verkauf an einen strategischen Investor
Der Verkauf an einen strategischen Investor, etwa ein größeres Unternehmen aus der gleichen Branche, ist eine weitere Option. Vorteile für den Verkäufer sind der sofortige Zufluss von Liquidität und die vollständige Lösung aus der Verantwortung. Auch für die Mitarbeiter und das Unternehmen kann ein starker Partner Chancen eröffnen, etwa durch Synergien oder zusätzliche Ressourcen. Risiken bestehen in der möglichen Zerschlagung oder Verlagerung des Unternehmens und im Verlust der Selbstständigkeit.
Übertragung des Unternehmens an die Mitarbeiter
Eine dritte Möglichkeit ist die Übertragung des Unternehmens an die Mitarbeiter, etwa durch Mitarbeiterbeteiligungen. Dieser Ansatz hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen und bietet viele Vorteile. Zum einen können engagierte und mit dem Unternehmen vertraute Führungskräfte an Bord gehalten und an das Unternehmen gebunden werden. Sie erhalten die Chance, selbst unternehmerisch tätig zu werden und von der künftigen Wertsteigerung zu profitieren.
Für den Übergebenden entfällt die oft schwierige Suche nach einem externen Käufer. Zudem kann er den Übergabeprozess flexibel und schrittweise gestalten, indem er nach und nach Anteile an Mitarbeiter überträgt und sich so sukzessive aus der Führungsverantwortung zurückzieht. Die Finanzierung erfolgt entweder durch Eigenmittel der Mitarbeiter oder durch eine Kombination aus Fremd- und Eigenkapital, wobei die Tilgung aus den laufenden Erträgen erfolgt.
Ein wichtiger Vorteil der Mitarbeiterübertragung ist die Wahrung der Unternehmensidentität und -kultur. Langjährige Mitarbeiter kennen die Stärken, Werte und Traditionen des Unternehmens und tragen diese in die Zukunft. Auch für Kunden, Lieferanten und andere Stakeholder signalisiert eine interne Nachfolgelösung Kontinuität und Stabilität. Gleichzeitig ergeben sich neue Möglichkeiten, Strukturen und Prozesse weiterzuentwickeln und neuen Schwung in das Unternehmen zu bringen.
Entscheidend für den Erfolg einer Mitarbeiterbeteiligung als Nachfolgemodell ist ein sorgfältiger Auswahlprozess, um die richtigen Kandidaten zu identifizieren. Neben fachlicher Qualifikation und Führungspotenzial müssen diese auch charakterlich und persönlich in der Lage sein, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. Ebenso wichtig ist die Gestaltung der Beteiligungskonditionen, die einerseits für die Mitarbeiter attraktiv sein müssen, andererseits dem Alteigentümer einen fairen Kaufpreis sichern.
Insgesamt zeigt sich: Die Mitarbeiterbeteiligung als Nachfolgemodell ist eine innovative und vielversprechende Option für den Mittelstand, die angesichts des demografischen Wandels und des sich verschärfenden Nachfolgeproblems an Bedeutung gewinnen wird. Sie ermöglicht es engagierten Mitarbeitern, selbst zum Unternehmer zu werden und schafft so eine doppelte Win-Win-Situation: für den Alteigentümer, der sein Lebenswerk in guten Händen weiß - und für die Mitarbeiter, vor denen eine unternehmerische Zukunft liegt. Wer die Möglichkeiten dieses Modells für sein Unternehmen ausloten möchte, sollte dies frühzeitig und mit fachkundiger Beratung angehen.
Quellen:
Über den Autor
Christopher Heckel
Co-Founder & CTO
Christopher hat als CTO des Mittelstandsfinanziers Creditshelf die digitale Transformation von Finanzlösungen für den Mittelstand geleitet. Viaductus wurde mit dem Ziel gegründet, mit Technologie für Unternehmensübernahmen und -verkäufe Menschen zu unterstützen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.
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